Potenzial der Quereinsteiger:innen

Carina Schäfer

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Lehnst du Quereinsteiger:innen noch ab oder stellst du sie schon ein? Warum du letzteres tun solltest, erfährst du in diesem Artikel aus meiner Sicht als HR-Managerin sowie Bewerberin.

Lass uns mit meinem Bewerberinnen-Ich starten. Ich bin gelernte Industriekauffrau und nach der Ausbildung in den Einkauf gerutscht. Dem habe ich einen Fachwirt sowie Ausbilderschein und diverse weitere HR-Weiterbildungen angeschlossen. Als ich immer mehr spürte, dass ich ins HR-Management möchte und begann, nach einem Job in dem Bereich zu suchen, stieß ich immer mehr auf die Tatsache, dass ich eine Quereinsteigerin sei.

Meine Bewerbungen fokussierten sich auf Junior-Positionen. Trotzdem hagelte es Absagen, denn “ich sei zu juniorig”. Meine jahrelange Berufserfahrung wurde mir aberkannt. Mein Fachwirt wurde nicht anerkannt, schließlich brauche man ein Studium. Das i-Tüpfelchen waren die monatelang noch ausgeschriebenen und nicht besetzen Stellen, von denen ich eine Absage bekam.

Realistisch betrachtet, muss ich mich in einige Themen einarbeiten. Nichtsdestotrotz ist das mit meinem Background kein Hexenwerk. Also bewarb ich mich auf Praktika. Nun ja, diese sind fast noch schwieriger zu bekommen als ein Job im HR, denn auch hier soll man bereits Erfahrung mitbringen. Beißt sich hier die Katze in den Schwanz? Yes!

Was ich aus meiner Sicht mitbringe? Den Input der Mitarbeitenden. Ich war jahrelang “unter ihnen”. Ich verstehe also die “Pain Points” der Belegschaft. Ich spreche deren Sprache.

Aber nicht nur das, sondern es gibt auch Parallelen zwischen meinem alten Job im Einkauf und dem neuen in HR. Zum Beispiel Gehaltsverhandlungen. Sie hießen davor Lieferantenverhandlungen. Anderer Kontext, ähnliche Ausführung.

Meine Bewerbungsgespräche zeigten: Die meisten HR’ler haben keine Ahnung, was in den Fachabteilungen passiert. Mein Vorteil: ich schon, denn ich war mittendrin statt nur dabei.

 

Meine go-to Tipps für Quereinsteiger

  • Bilde dich in deinem Wunschbereich weiter
  • Vernetze dich mit HR-Managern und Gleichgesinnten, so könnt ihr euch unterstützen
  • Sammle Berufserfahrung! Durch Praktika, Minijob, Teilzeit – es wird alles verändern – Trust me!
  • Gib nicht auf! Es wird eine lange Reise, die sich lohnt. Ziehe bei Bedarf einen Coach hinzu
  • Manchmal ist ein Schritt zurück, auch ein Schritt nach vorne. Nähere dich langsam an
  • Schicke ein Anschreiben mit, nur so erfährt dein Gegenüber etwas zu deinem “Warum”
  • Ziehe Parallelen von deinem alten Job zu deinem Wunschjob, richte deine Bewerbungsunterlagen darauf aus

Wie sieht mein HR-Managerinnen-Ich nun die Thematik? Es sieht die Herausforderung, dass eine Person da sein muss, um Quereinsteiger:innen anzulernen. Ist das nicht vorhanden, wird es schwierig. Ebenso komplex ist das Thema Gehalt, kann ich der Person direkt zu Beginn das Gleiche zahlen, obwohl sie weniger leistet? Allerdings sehe ich die unglaublichen Chancen, die ein/-e solche/-r Kandidat/-in mitbringt: diverse Erfahrungen aus anderen Branchen, Abteilungen, Tätigkeiten oder Ländern. Der bunte Blumenstrauß.

Können wir es uns aus Unternehmenssicht leisten, diese Bewerbenden ziehen zu lassen? Ein klares “Nein!” von meiner Seite. Der Fachkräftemangel steigt und das merken wir an allen Enden. Wir haben also nicht den Luxus, willige und motivierte Quer-einsteiger:innen abzulehnen, nur weil sie nicht in unser Schema F passen. Sie sind zwar nicht ab Tag Eins einsatzfähig wie eine Fachkraft, aber sie bringen die Motivation mit.

Meine persönliche Win-win-Situation? Lasst uns ältere Fachkräfte als Mentor:innen einstellen, statt ihnen aufgrund des Alters abzusagen (AGG!) und pro Fachkraft stellen wir 1 bis 3 Quereinsteiger:innen ein.

Sollst du deshalb ab morgen jede/-n Quereinsteiger:in einstellen? Nein. Aber ein Anfang wäre es, ihre Bewerbung nicht abzulehnen, sondern sie zum Gespräch einzuladen und herauszufinden, was der Rohdiamant zu bieten hat. Einfach offener werden. Wenn du jetzt investierst und den Moment richtig nutzt, hast du einen Vorteil gegenüber dem Markt. Denn du bildest deine Fachkräfte von morgen aus, während der Rest noch auf die eierlegende Wollmilchsau wartet, die vermutlich nicht kommen wird oder zu hart umkämpft ist.

Meine go-to Tipps für Unternehmen

Schaut euch den Menschen an und nicht nur den CV!

Schafft on/near/along the Job Trainings-Möglichkeiten für 3 bis 12 Monate. So unterstützt euch die Person direkt, lernt aber auch zeitgleich dazu.

Vereinbart Entwicklungspläne mit den Quer-einsteiger:innen, bezogen auf Gehalt sowie fachliche/inhaltliche Themen und Meilensteine über Zeitraum X.

1>0 – Was ich damit meine? Lieber einen Schritt gehen als keinen. Lieber einen ordentlich als fünf, aber diese fünf eben nur halb. Stellt in diesem Fall lieber eine fachfremde Person ein und investiert ein wenig in sie, als monatelang ohne Hilfe auszukommen. Eure Bestandsmitarbeitenden werden es euch danken, wenn sie nicht ins Burn-out rutschen – dank dieser Entlastung.

  • Nutzt die Möglichkeiten, welche die Agentur für Arbeit bietet, für fachfremde Personen
  • Der Invest in Quereinsteiger:innen lohnt sich im Verhältnis zu euren Recruitingkosten
  • Formuliert eure Stellenanzeigen offener
  • Bietet vergütete Praktika an – und das nicht nur für Studenten
  • Besucht Diversity und Unconscious Bias Trainings

Quereinsteiger:innen bringen: Resilienz, Stärke in Kommunikation sowie Problemlösung, schnelle Anpassbarkeit an neue Situationen und diverse Perspektiven mit.

Ich hoffe, ich konnte dich zum Thema Quereinstieg sensibilisieren, und Quereinsteiger:innen erhalten in Zukunft mehr deiner Aufmerksamkeit.

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