Leuchtturmprojekt New Work - Unternehmenskultur Jobsharing als Erfolgstreiber
Ein Erfahrungsbericht von Kerstin Ortwerth, Director Consulting bei der 4Talents Personalberatung, die sich dazu im Interview mit Jana Classen-Heizmann, Head of Talent Acquisition bei Schneider Electric, austauscht.
Unser Arbeitsleben steht im Zuge gesellschaftlicher Herausforderungen wie etwa dem demografischen Wandel, dem Fachkräftemangel sowie dem Wertewandel vor zunehmend diversen Anforderungen. Jobsharing, ein flexibles Arbeitsmodell, bei dem sich mehrere Personen eine Vollzeitstelle teilen, kann für Unternehmen ein Instrument zur proaktiven Nutzung der Diversität unserer Gesellschaft sein. Ich bin davon überzeugt, dass Jobsharing maßgeblich zum Kultur- und Wertewandel in unserer Gesellschaft beitragen kann und Unternehmen sich damit den Herausforderungen des Arbeitsmarktes proaktiv stellen. Ist das wirklich so? Dem wollte ich weiter nachgehen und bin mit Jana Classen-Heizmann, die bereits seit einiger Zeit bei Schneider Electric im Tandem arbeitet, in den Erfahrungsaustausch gegangen.
Wie bist du persönlich zum Thema Jobsharing gekommen und seit wann arbeitest du bei Schneider Electric im Tandem?
Seit 2018 arbeite ich im Tandem bei Schneider Electric. Ein ehemaliger Kollege hat mich angesprochen und mir eine konkrete Position, direkt im Tandem, angeboten. Schneider Electric wollte ein neues Modell ausprobieren und da ich bereits in Teilzeit arbeitete, dachte er direkt an mich. Obwohl ich in meinem damaligen Job sehr zufrieden war, konnte ich eine so innovative Idee nicht einfach sausen lassen und habe mir die Option genauer angeschaut. Mich hat ausschließlich das Thema Jobsharing gecatcht und die Tatsache, dass Schneider Electric dieses Modell sofort für die Position ausprobieren wollte.
Es gab intern bereits eine Kollegin, die aus der Elternzeit zurückkam. Und es war klar, dass jemand externes gesucht werden soll, die oder der das Thema Recruiting Talent Acquisition im Tandem vervollständigen sollte.
Also bist du direkt im Tandem mit einer internen Mitarbeiterin gestartet, die du zu diesem Zeitpunkt noch nicht kanntest?
Ja genau. Wir saßen nur in einem Gespräch zusammen und es war schnell klar, dass die Chemie sehr gut passte. Und zwar gar nicht so sehr von der fachlichen oder inhaltlichen Kompetenz her, sondern auf der menschlichen Ebene und der grundsätzlichen Arbeitseinstellung. Besonders letzteres ist exxtrem wichtig. So war das Fundament gelegt.
In der Zwischenzeit ist immer mal wieder eine von uns schwanger geworden, sodass die jeweils andere Person alleine oder auch mit einem neuen Tandem zusammengearbeitet hat. So war immer sichergestellt, dass die Position besetzt ist. Seit etwas mehr als einem Jahr arbeiten wir jetzt dauerhaft zusammen im Tandem.
Was ist deiner Erfahrung nach wichtig bei der Auswahl eines Tandem-Partners? Gerade vor dem Hintergrund, dass ihr beiden euch aus vorherigen Arbeitssituationen noch gar nicht kanntet.
Ich glaube, wie gut man sich im Vorfeld kennt oder nicht kennt, ist nicht entscheidend. Ausschlaggebend ist, wie wichtig dir das Thema Karriere ist bzw. was du unter diesem Begriff verstehst. Für Verena, meine Tandempartnerin und mich steht die Familie an erster Stelle. Damit haben wir nicht nur beruflich, sondern auch privat ein sehr gutes Verständnis füreinander und springen immer füreinander ein. Das führt bei mir zu einer gewissen Gelassenheit.
Wir beide brennen für die Sache und wollen die Funktion TA und das Unternehmen weiterentwickeln und gestalten.
Wir geben viel Führung ins Team ab, da wir davon überzeugt sind, Führungsstärke über die Stärke des
Teams regeln zu können. Es macht mir Spaß, Teams zu entwickeln und sie zu befähigen, eigenständig zu agieren.
Wir brennen dafür, dem Arbeitsmarkt gerecht zuwerden und das Mindset in unseremUnternehmen weiter zu verändern. Dafürwollen wir Vorbild sein.
Wie teilt ihr euch gerade auf? Wie viel Prozent arbeitest du und wie viel deine Partnerin?
Da ist unser Arbeitgeber sehr flexibel und unser Team ist in der letzten Zeit sehr gewachsen. Wir haben jetzt knapp 25 Leute im Team. Deshalb bildet unser Tandem gerade mehr als 100 Prozent ab. Ich arbeite 70 Prozent und Verena arbeitet 50 Prozent, sodass wir zusammen auf 120 Prozent kommen.
Wie teilt ihr euch die Arbeit auf? Gibt es Fokusthemen?
Ganz am Anfang hat Verena große strategische Projekte gesteuert, ich hatte die Teamführung inne. Aktuell, seitdem das Team so groß geworden ist und Verena auch wieder 50 Prozent arbeitet, haben wir unsere Aufgaben etwas anders aufgeteilt. Sie hat zwei Bereiche, um die sie sich kümmert und ich ebenfalls zwei – mit den jeweiligen Mitarbeitern.
Wie ist das für eure Teammitglieder – wissen die, dass sie theoretisch auch zu euch beiden kommen können, oder sind es dann doch zwei separate Teams?
Ja, genau, wir sind beide in allen Themen involviert. Wir daten uns täglich zwei, dreimal up und sind in allen wichtigen Sachen mit drin, wir setzen uns bei Mails immer in CC, sodass wir alles überfliegen können. Hauptsächlich arbeiten wir mit Teams-Channels. Fast jede unserer Kommunikation ist immer eine Dreier-Kommunikation, ob mit unserer Vorgesetzten oder mit den HR Business-Partnern.
So geht wenig Information verloren.
Die ganze Zeit in sämtlichen Channels involviert zu sein, stelle ich mir gerade als ein ziemlichen Overload vor. Wie empfindest du das?
Nee, finde ich gar nicht, es ist ja immer noch ein Team. Wenn ich die Themen alleine bearbeiten würde, wäre es ja auch auf meinem Tisch und alle Themen sind irgendwie miteinander verknüpft. Somit würde tatsächlich auch Inhalt verloren gehen und es gibt einfach wahnsinnig viele Synergien. Wenn ich weiß, dass bei Verena aus dem Team schon jemand eine Kampagne zum Thema
Employer Branding im Bereich XY gemacht hat und wir etwas Ähnliches anstoßen wollen, weiß ich, dass wir von deren Erfahrungen profitieren können.
Vielleicht ist es “ein Tick” mehr Info, die ich aufnehme, aber am Ende überwiegen definitiv die Synergien, von denen alle profitieren.
Zudem haben wir Sprachnachrichten für uns als Tool entdeckt. Hier hast du in ein, zwei Minuten alles Wichtige vom Tag zusammengefasst.
Würdest du sagen, ihr stoßt auch irgendwo an Grenzen?
Grundsätzlich nicht im Tandem, sondern eher so wie Teilzeitkräfte häufig an Grenzen stoßen. Wenn es um Dienstreisen geht, ist es ein großes Thema für uns beide. Wenn es darum geht, einen wichtigen Termin mal nachmittags wahrzunehmen, ist das für uns beide nicht leicht zu organisieren und manchmal auch nicht möglich. Unsere Partner sind beide vollzeitbeschäftigt und wir sind nachmittags für die Kinder verantwortlich.
Wie geht ihr intern damit um? Ist das für Schneider Electric eine „normale“ Unternehmenskultur?
Ja, ich denke schon, weil wir auch einfach sehr viel positives Feedback bekommen – sowohl von Vorgesetzten als auch aus dem Team. Wir leben dem Team dadurch Flexibilität vor. Häufig sind Vorgesetzte ja doch “9 to 6” im Büro und Mitarbeiter haben implizit das Gefühl, dies auch so machen zu müssen, weil es ihnen so vorgelebt wird. Ich glaube, dadurch dass wir das so anders vorleben, wird es sehr wertgeschätzt und auch zu 100 Prozent akzeptiert. Ich arbeite nicht jeden Tag gleich lange und wenn ein Kind krank ist, arbeite ich auch mal tagsüber gar nicht, sondern dann eher am Abend.
Natürlich ist es ein Geben und Nehmen, und zwar nicht nur von mir und Verena in alle Richtungen, sondern auch im gesamten Team. Wenn ein wichtiger Termin ansteht, ist es häufig so, dass alle da sind, ohne dass das erwartet würde. Einfach weil sie wissen, dass sie sich die Zeit entsprechend anders einteilen können.