Selbstständig? REALITÄTS-CHECK!
Ich kam Anfang 2017 nach dem Abschuss meines Studiums und einem kurzen Ausflug in die Unternehmensberatung in unsere Branche.
Den Einstieg machte ich als Recruiter. Nach nur acht Monaten folgte der Wechsel auf die Vertriebsseite zum sogenannten Account Manager und nach einem Jahr schließlich die Beförderung zum Senior Account Manager. Bei meinem zweiten Arbeitgeber leitete ich schlussendlich einen neuaufgestellten Standort als Niederlassungsleiter.
Wie du vielleicht merkst, war mir meine Karriere immer sehr wichtig. Heute spreche ich als selbstständiger Personalberater eher von beruflicher Erfüllung als von Karriere, aber beruflicher Erfolg ist auch gegenwärtig bedeutend für mich.
Ich klopfte als angestellter Personalberater in regelmäßigen Abständen an die Türe meiner Vorgesetzten, um beruflich voranzukommen. Mir wurde in dieser Hinsicht nichts geschenkt. Sowohl mein erster als auch mein zweiter Arbeitgeber waren kleine Personaldienstleister, die niemand kannte, sodass unterm Strich jeder gewonnene Kunde, jeder überzeugter Kandidat und jeder Deal “handgemacht” war. Darüber hinaus waren diese Personaldienstleister auch eher spärlich mit Recruitingtools und guter Software ausgestattet. Warum erzähle ich dir das?
Tatsächlich zehre ich bis heute von diesen Erfahrungen und möchte sie nicht missen. Denn als ich mich Anfang 2021 selbstständig machte, begann ich praktisch mit null Kunden und Kandidaten in der Datenbank und auch meine IT- und Recruiting-Systeme waren erst einmal auf das Wesentlichste reduziert.
Ich kann von dir nicht erwarten, dass du bewerten kannst, ob eine agile Transformation gut oder schlecht für deinen Kunden ist. Was ich jedoch von dir erwarte, ist, dass du weißt, welche Rollen welche Aufgaben haben, wie sie im Unternehmen wirken und vor allem: Was sie wirklich wert sind. Dein Kunde will von dir und deinem Mitbewerb den „besten Preis“ haben und spielt euch gegebenenfalls gegeneinander aus – zu seinem eigenen Schaden, ohne es selbst zu merken.
Vielleicht hast du – wie wir damals – mit Beratungen und Konzernen Rahmenverträge und Scorecards ausgehandelt. Meistens von Men-schen, die ebenso wenig Ahnung von diesen Rollen haben. Du bekommst hier einen kurzen Über-blick über die drei am häufigsten gesuchten Rollen im SAFe® Framework (Scaled Agile Frame-work) und was sie mindestens wert sind. Ich beziehe mich immer auf einen Nettotagespreis / Remote.
Meine Rückblicke führten mich zur aus meiner Sicht wichtigsten Frage.
Wer kann und sollte sich selbstständig machen?
Ich spielte tatsächlich schon über einen längeren Zeitraum mit dem Gedanken, mich selbstständig zu machen. Heute weiß ich, dass ich nach wenigen Monaten in der Branche schlicht und einfach noch nicht dazu reif war, diesen Schritt zu gehen. Mir fiel es erst wie Schuppen von den Augen, als ich bei meinem letzten Arbeitgeber trotz Coronakrise gute Erfolge erzielen konnte, dass die Zeit reif war. Die Coronakrise war in dieser Hinsicht sozusagen meine Feuertaufe.
In der Summe war ich es nach vier Jahren als angestellter Personalberater gewohnt, mir ein eigenes Business aufzubauen, kannte sowohl den Kundenvertrieb als auch die Kandidatenseite und war nicht zuletzt auch mit schwierigen (Markt-) Gegebenheiten vertraut.
Diese Erfahrungen sollte man meiner Meinung nach unbedingt erst gemacht haben, bevor man in die Selbständigkeit geht.
Was erwartet dich denn als selbständiger Personalberater?
Mach’ dir nichts vor, niemand wartet darauf, dass gerade du dich auch selbstständig machst. Und trotzdem möchte ich dir Mut zusprechen, diesen Schritt zu wagen. Aber du solltest dich aus den richtigen Gründen selbständig machen.
- Du bist genervt von den strengen Zielvorgaben deiner Vorgesetzten und von KPI hältst du nicht viel? Ich muss dir leider sagen, dass strenge Zielvorgaben und KPI als Selbstständiger dein täglich Brot sind bzw. sein sollten. Woher willst du sonst wissen, ob du auf der Zielgeraden bist oder den Karren gegen die Wand fährst? Relativierend muss ich gestehen, dass du dann ja deine Zahlen selber setzen kannst, aber als guter eigener Chef werden das Ziele sein, die dein ganzes Potenzial fordern. Und ja: In der Summe kommt es für mich als selbstständiger Personalberater nicht mehr auf das eine Kandidatenprofil, den einen Akquisecall oder gar den einen Deal mehr oder weniger an. Und hier erlebe ich tatsächlich eine größere Flexibilität in der Ausgestaltung meines Geschäfts. Aber im Grunde genommen habe ich im Vergleich zu vorher nicht viel geändert. Denn was als Angestellter schon gut geklappt hat, klappte nachher als Selbstständiger ebenfalls.
- Du möchtest deinen Tag flexibel und total unabhängig gestalten? Fehlanzeige! Ich gestalte meine Arbeitstage in festen Rhythmen und das ist gerade in der Selbstständigkeit essenziell. Dass dir niemand sagt, was du zu tun hast, ist sowohl Vorteil als auch Nachteil gleichzeitig. Du musst, in dieser Hinsicht, dein strengster Chef werden, ansonsten klappt es mit der Selbstständigkeit nicht.
- Funktionierst du gut als Einzelkämpfer oder besser im Team? Gerade am Anfang deiner Selbst-ständigkeit wirst du alles selber machen. Um nicht gleich Unsummen zum Start auszugeben, habe ich beispielsweise die gesamte EDV/IT inklusive Homepage selber aufgesetzt. Und dann bist du nicht zuletzt deine eigene Standortleitung, deine eigene Assistenz, dein eigener Recruiter, dein eigener Vertriebler und auch dein eigenes Backoffice – alles in einer Person. Sei hier ehrlich zu dir! Gefällt dir das? Oder performst du besser in einem Team? Und möchtest du dich überhaupt in so viele verschiedene Themen einarbeiten?
- Die Konkurrenz schläft nicht. Zuletzt möchte ich noch darauf hinweisen, dass du als Einzelkämpfer die großen Corporates stets als Konkurrenten um dich hast. Alle fischen im selben Teich, sagt man bekanntermaßen, und irgendwo stimmt das auch. Warum sollte man gerade mit dir arbeiten, wenn im Zweifelsfall die großen Personalberatungen über ein größeres Netzwerk und über bessere Recruiting-Tools verfügen? Manchmal fühlt man sich wie David, der gegen Goliath kämpft. Aber David besiegte Goliath und das kannst auch du. Der Personalberatungsmarkt ist multimilliarden-schwer. Als selbstständiger Personalberater reicht dir das kleinste Stück der Torte, besonders wenn du vielleicht nicht ausgerechnet mit einem riesigen Loft in der Münchener Innenstadt planst.
Ich stehe für ein kurzes Sparring zu diesem Thema gerne zur Verfügung und freue mich über jede Vernetzung auf Xing und LinkedIn!
Servus,
Simon